Lesenswertes






 

 

 


Eure Kinder sind nicht eure Kinder.
Sie sind die Söhne und Töchter der Sehnsucht des Lebens nach sich selber.
Sie kommen durch euch, aber nicht von euch,
Und obwohl sie mit euch sind, gehören sie euch doch nicht.
Ihr dürft ihnen eure Liebe geben, aber nicht eure Gedanken,
denn sie haben ihre eigenen Gedanken.
Ihr dürft ihren Körpern ein Haus geben, aber nicht ihren Seelen,
Denn ihre Seelen wohnen im Haus von morgen, das ihr nicht besuchen könnt, nicht einmal in euren Träumen.
Ihr dürft euch bemühen, wie sie zu sein, aber versucht nicht, sie euch ähnlich zu machen.
Denn das Leben läuft nicht rückwärts, noch verweilt es im Gestern.
Ihr seid der Bogen, von denen eure Kinder als lebende Pfeile ausgeschickt werden.
Der Schütze sieht das Ziel auf dem Pfad der Unendlichkeit, und
Er spannt euch mit Seiner Macht, damit Seine Pfeile schnell und weit fliegen.
Laßt euren Bogen von der Hand des Schützen auf Freude gerichtet sein,
Denn so wie Er den Pfeil liebt, der fliegt, so liebt Er auch den Bogen, der fest ist.




Hört sehr aufmerksam zu, denn es gibt in der ganzen Weltliteratur nur sehr wenige Aussagen von solcher Schönheit, von solcher Wahrheit, solcher Aufrichtigkeit.
In seinem Buch >>Der Prophet<< läßt Khalil Gibran Almustafa sagen:

Eure Kinder sind nicht eure Kinder.
Ein Kind ist keine Sache. Ein Kind kann man nicht besitzen. Zu sagen: >>Das ist mein Kind<<, beweist eure Ignoranz.
 Das Leben läßt sich niemals besitzen. Ihr könnt es mit offenen Händen halten, doch in dem Augenblick, in dem eure Hände sich zu Fäusten schließen, ist euch das Leben schon entschlüpft. Fast alle Eltern auf dieser Welt machen ihre Kinder kaputt, weil sie Besitzansprüche stellen. Ein Kind besitzen? Ihr könnt das Leben nicht erzeugen, wie könntet ihr es besitzen? Es ist ein Geschenk, das aus der Fülle der Existenz kommt. Seid dankbar, daß sie euch dazu auserwählt hat, ein Werkzeug zu sein.
 Das Kind ist durch euch gekommen, aber das bedeutet nicht, daß es euch gehört. Ihr ward nur eine Passage. Wenn die Eltern sich diese kleine, einfache Wahrheit merken würden, könnte die Welt ganz anders aussehen.

Sie sind die Söhne und Töchter der Sehnsucht des Lebens nach sich selber.
Das ist das ewige Leben, wie es durch die Berge, die Wälder und Ebenen fließt. Das Kind, das durch euch zur Welt gekommen ist, kam davor schon druch viele andere Menschen. Es hat hinter sich die Ewigkeit und vor sich die Ewigkeit. Es ist in vielen Häusern gewesen, in vielen Städten, an vielen fremden Plätzen. Unter diesen Millionen von Passagen seid auch ihr nur eine. Seid bescheiden und erweist dem Kind euren Respekt. Keine Gesellschaft der Welt hat den Kindern bisher Respekt erwiesen. Der ganze Respekt wird den Älteren erwiesen, den Alten, die schon fast tot sind; den ganzen Respekt erweist man den Friedhöfen, aber nicht den Wiegen.
 Und das Kind ist das reinste Leben, noch unbefleckt.
Almustafa hat recht, wenn er sagt:
 Sie sind die Söhne und Töchter der Sehnsucht des Lebens nach sich selber.
 Sie kommen durch euch, aber nicht von euch ...
 
Sie kommen direkt vom Ursprung.

Und obwohl sie mit euch sind, gehören sie euch doch nicht.
Diese kurzen Sätze haben eine ungeheure Bedeutung. Wenn man versteht, daß das Kind die Sehnsucht des Lebens nach sich selber ist, dann ist das Kind dem Ursprung des Lebens näher als der alte Mensch. Der alte Mensch ist dem Tod näher ... doch seltsam: Der Tod wurde immer verehrt, respektiert, und das Leben wurde zerstört und auf jede erdenkliche Weise kaputtgemacht.
 Wenn euch bewußt ist, daß sie durch euch kommen, aber euch nicht gehören, dann werden Eltern niemals einem unschuldigen Kind ihre Religion, ihre Politik, ihre Vorstellungen aufzwingen. Das Kind kommt als tabula rasa (unbeschriebenes Blatt) - nichts ist darauf geschrieben. Aber die Eltern sind in solcher Eile, aus ihm einen Christen, einen Buddhisten zu machen.
(...)
Jedes Kind hat das Geburtsrecht, von seinen Eltern nicht gequält und konditioniert zu werden. Denn das grundlegenste Recht eines Menschen ist das Suchen, das Forschen, die Pilgerreise.


Und obwohl sie mit euch sind, gehören sie euch doch nicht. Ihr dürft ihnen eure Liebe geben, aber nicht eure Gedanken ...
Aber genau das Gegenteil geschieht. Erinnert euch an eure Eltern. Waren sie interessiert, euch Liebe zu geben, bedingungslos? Oder waren sie interessiert, ihre Liebe dafür zu benutzen, euren Geist mit ihrer Religion, ihrer politischen Ideologie, ihrer Nationalität zu verunreinigen? Wie kommt es sonst, daß die Menschheit so geteilt ist? Welcher Kriminelle steckt dahinter? Warum muß es so viele Religionen geben?
 Es gibt nur eine Menschheit. Es gibt nur eine Wahrheit. Aber man hat den Menschen nicht erlaubt, nach ihrem eingenen ursprüngelichen Gesicht zu suchen. Man hat ihnen Masken verpaßt. Und die Menschen leben ihr ganzes Leben lang in dem Glauben, es sei ihr ursprüngliches Gesicht.

Ihr dürft ihnen eure Liebe geben, aber nicht eure Gedanken ...
Denn sie haben ihre eigenen Gedanken.
Ihre Gedanken sind noch nicht ausgereift, sie sind noch in Saatform. Sie sind bloße Möglichkeiten, doch wenn man ihnen Freiheit und Liebe gibt, können sie zur Realität werden. Und wenn euer eigene Gedanke zu einer Wirklichkeit wird, beschert es eurem Sein eine solche Freude, eine solche Erfüllung, eine solche Seligkeit, wie ihr es euch im Traum nicht vorstellen könnt. Ihr könnt euch keine Vorstellung davon machen, es übersteigt die Fähigkeiten eures Verstandes, es sich vorzustellen - denn es reift in eurem Herzen, es erblüht in eurem Herzen.

Ihr drüft ihren Körpern ein Haus geben, aber nicht ihren Seelen ...
Mit den allerbesten Absichten werden alle Eltern zu Mördern ihrer eigenen Kinder. Man sieht auf der ganzen Erde nur tote Leute herumlaufen, die ihre Seele schon verloren haben, noch bevor sie eine Idee davon hatten, was die Seele eigentlich ist.

Denn ihre Seelen wohnen im Haus von morgen, das ihr nicht besuchen könnt, nicht einmal in euren Träumen.
Ihr gehört der Vergangenheit an, eure Tage sind gezählt. Eltern haben keine Ahnung von der Zukunft. Und die Kinder werden nicht in der Vergangenheit leben, also belastet sie nicht mit euren toten Schriften. Sie werden ihre eigenen Schriften haben, sie werden ihre eigenen Heiligen haben, sie werden ihre eigenen Buddhas haben, sie werden ihren eigenen Christus haben. Warum sollte man sie mit der Vergangenheit belasten? Ihre Zukunft ist offen.
 Und wenn ihr eure Kinder liebt, dann laßt die Finger von ihnen.
 Helft ihnen, stark zu sein, helft ihnen, fähig zu sein, sich auf die Suche nach dem Unbekannten zu begeben, aber gebt ihnen nicht eure Gedanken, denn für eure Kinder sind diese völlig nutzlos. Wegen dieser Gedanken würden sie ihre eigene Bestimmung verfehlen. Ihr würdet sie davon ablenken. Beobachtet einmal kleine Kinder und seht, was für einen klaren Blick sie haben.
 Ich habe gehört ...
 In der Schule erzählt der Pastor den Kindern, wie Gott alle Dinge erschaffen hat. Das ganze Universum erschuf er in sechs Tagen, und am siebten Tag ruhte er.
 Da meldete sich ein kleiner Junge und fragte: >>Die Flugzeuge auch?<<
 Der Priester weiß nicht, was er sagen soll. Natürlich steht im Alten und Neuen Testament kein Wort darüber, ob Gott die Flugzeuge erschaffen hat.
 Ein anderer Junge fängt an, ungestüm mit der Hand zu winken. Der Lehrer sagt: >>Hast du auch eine Frage?<<
 Er sagt: >>Nein, ich weiß die Antwort.<<
 Der Priester ist ungläubig, denn er selbst weiß keine Antwort, und dieser kleine Junge .. Er sagt: >>Na gut, versuchen wir´s. Wie lautet deine Antwort? Dieser Junge hat gefragt, ob Gott auch die Flugzeuge erschaffen hat.<<
 Da sagt der zweite Junge: >>Es steht geschrieben, daß Gott alles erschaffen hat, was fliegt - also hat er auch die Flugzeuge erschaffen!<<

Kleine Kinder blicken durch! Sie haben einen klaren Verstand. Je älter ihr werdet, desto mehr Staub sammelt ihr an. Und alle geben euch fortwährend Ratschläge - Ratschläge sind das einzige auf der Welt, was alle geben, aber keiner annimmt -, aber das trübt den Verstand der Kinder, weil sie von den Eltern abhängig sind.

Almustafa hat recht: Ihr dürft ihren Körpern ein Haus geben, aber nicht ihren Seelen. Denn ihre Seelen wohnen im Haus von morgen.
 Ihr gehört zum Gestern, sie gehören zum Morgen. Die Vergangenheit ist das größte Hindernis für euer Leben.
 Die Eltern sollten ihren Kindern nicht ihre Gedanken geben, denn ihre Gedanken sind bereits überholt. Die Kinder werden ihre eigenen Gedanken haben.
 Selbst die Bäume wissen es besser. In jedem Herbst fallen die alten Blätter ab und verschwinden in der Erde, um Platz zu machen für frische Blätter, die grüner, jünger und saftiger sein werden. Wenn sie weiter an ihren alten Blättern festhielten, würde es keinen Platz und keine Möglichkeit geben, daß neue Blätter wachsen.
 Habt ihr euch je gefragt, warum in der heutigen Welt keine Menschen wie Buddha, Laotse, Tschuang-Tsu, Basho, Kabir, Jesus, Zarathustra geboren werden? Was ist passiert? Hat die Menschheit ihre Kräfte verausgabt? Nein, die Menschheit ist kraftvoller denn je, sie hat mehr Energie als je zuvor. Aber die Vergangenheit wird ständig mehr und mehr. Natürlich, denn jeden Tag fügt sich ein Tag mehr an die gestrigen Tage. Und so lastet die Vergangenheit beinahe wie ein Himalaja auf der Brust des Menschen.
 Das ist der Grund, warum keine solch wunderbaren Wesen mehr unter uns sind.Und wenn hier und da ein solcher Mensch auftaucht, erscheint er als ein solcher Fremdling, als ein solcher Außenseiter, daß ihr ihn nicht dulden könnt. Ihr habt vergessen, wie die Welt sich anfühlte, als es überall viele Erleuchtete gab. Niemand war deswegen irritiert. Die Menschen waren voller Dankbarkeit.
 Aber heute ist die Situation völlig anders. Diese ganze Bürde, die auf eurem Geist lastet, hindert euch daran, das Neue zu sehen. Und zwangsläufig wird das Neue dem Alten, der toten Vergangenheit sagen, es soll sich zum Teufel scheren.
 Vererbt euren Kindern nicht eure miserable Vergangenheit.
Sie haben ihre eigene Zukunft. Laßt sie nach ihrem eigenen Potential wachsen.

Ihr dürft euch bemühen, wie sie zu sein ...
Mit dieser Stelle übertrifft Khalil Gibran an Einsicht alles bisher Dagewesene:

Ihr dürft euch bemühen, wie sie zu sein, aber versucht nicht, sie euch ähnlich zu machen.
Und was sagt die Bibel? >>Gott schuf den Menschen nach seinem eigenen Bilde.<< Seither versucht jeder Vater, sein Kind nach seinem eigenen Bilde zu schaffen. Almustafa sagt genau das Gegenteil:
 Ihr dürft euch bemühen, wie sie zu sein, denn sie sind die Zukunft, und sie sind unschuldig. Sie sind der Existenz näher als ihr. Für euch wird sich außer dem Tod nichts mehr ereignen, aber für sie werden sich noch tausend Dinge ereignen: Liebe wird sich ereignen, Meditation wird sich ereignen, Dankbarkeit wird sich ereignen.
 Widersteht bitte der Versuchung, aus eurem Kind eine Kopie von euch zu machen.. Es ist möglich, aus dem Kind eine Kopie zu machen, aber dafür werdet ihr es töten müssen. Deshalb sage ich, daß alle Eltern ihre Kinder töten, nur um Kopien aus ihnen zu machen. Dabei steckt in jedem Kind das Potenzial, mit seinem eigenen ursprünglichen Gesicht zu leben. Das ursprüngliche Gesicht hat eine Schönheit, das ursprüngliche Gesicht hat etwas vom Göttlichen. Das ursprüngliche Gesicht hat ein Charisma. Eine Kopie hat gar nichts.

Denn das Leben läuft nicht rückwärts, noch verweilt es im Gestern.
Ihr seid Bögen, von denen eure Kinder als lebende Pfeile ausgeschickt werden.
...zum Unbekannten, zum Unerkennbaren hin. Verwehrt es ihnen nicht. Gebt ihnen Stärke, gebt ihnen Liebe, damit sie den entferntesten Stern erreichen können.

Ihr seid Bögen, von denen eure Kinder als lebende Pfeile ausgeschickt werden.
Der Schütze sieht das Ziel auf dem Pfad der Unendlichkeit,
und Er spannt euch mit Seiner Macht, damit Seine Pfeile schnell und weit fliegen.
Die Existenz will, daß ihr euch als Bogen vor euren Kindern biegt, denn sie müssen weit fliegen, und ihr müßt ihnen Stärke geben.

Laßt euren Bogen von der Hand des Schützen auf Freude gerichtet sein.
Freut euch, wenn euer Kind anfängt, sich von euch zu entfernen, wenn es anfängt, ein eigenständiges Individuum zu werden. Fühlt euch gesegnet, wenn es kein gehorsamer Idiot ist. Außer Idioten ist niemand gehorsam.
 Intelligenz bedeutet Rebellion. Fühlt euch gesegnet und segnet euer Kind, denn ihr habt einem rebellischen Geist das Leben geschenkt. Darauf solltet ihr stolz sein, aber davor haben die Leute Angst.

Laßt euren Bogen von der Hand des Schützen auf Freude gerichtet sein.
Denn so wie Er den Pfeil liebt, der fliegt, so liebt Er auch den Bogen, der fest ist.
Die Existenz liebt euch beide. Auch ihr seid Kinder dieser Existenz. Nur eure Zeit ist vorüber. Macht Platz für die frischen Pfeile und segnet sie.



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Osho, aus "Kinder"
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Grafik von "
Athah", Fotokünstler aus Köln
kunst_athah - "Unendlich viele Realitäten"









 
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